kleine Herzen, große Sorgen- Wie Herzerkrankungen bei Kindern die Familie verändern
Wie häufig sind eigentlich Herzerkrankungen bei Kindern?
Stell dir vor, das Herz deines Kindes – so klein, so zart – kämpft jeden Tag um jeden Schlag. Für die meisten Eltern ist das Herzsymbol ein Zeichen der Liebe, des Lebens, der Hoffnung. Doch was, wenn dieses Symbol plötzlich brüchig wird? Herzerkrankungen bei Kindern sind eine stille Gefahr, die viele erst dann bemerken, wenn es fast zu spät ist. Während wir unsere Kinder durch das Leben begleiten, ist es kaum vorstellbar, dass bereits im zarten Alter ein solch lebenswichtiger Kampf in ihnen tobt. Jährlich werden Tausende Babys mit einem Herzfehler geboren – einem unsichtbaren Feind, der ihr Lachen, ihre ersten Schritte und all die unvergesslichen Momente bedroht.
In diesem Artikel tauchen wir tief ein in die Welt der kindlichen Herzerkrankungen, decken die häufigsten Herzfehler auf und zeigen, was wir tun können, um diesen kleinen Kämpfern eine Chance auf ein langes und glückliches Leben zu geben. Denn manchmal braucht es mehr als nur Liebe, um ein Herz zu heilen – es braucht Wissen, Mut und Hoffnung.
Angeborene Herzfehler und Herzerkrankungen bei Kindern im Detail
Angeborene Herzfehler sind strukturelle Anomalien des Herzens, die bereits bei der Geburt vorhanden sind. Sie entstehen während der Entwicklung des Herzens im Mutterleib, meist in den ersten acht Schwangerschaftswochen. Diese Herzfehler können unterschiedlich schwerwiegend sein, von milden Defekten, die sich möglicherweise von selbst korrigieren, bis zu komplexen Fehlbildungen, die chirurgische Eingriffe erfordern. Im Folgenden werden die häufigsten angeborenen Herzfehler und Herzerkrankungen bei Kindern im Detail beschrieben:
Krankheiten | Beschreibung |
Ventrikelseptumdefekt (VSD) |
Ein Ventrikelseptumdefekt ist ein Loch in der Herzscheidewand (Septum), die die beiden Herzkammern (Ventrikel) voneinander trennt. Durch dieses Loch kann Blut von der linken Kammer in die rechte Kammer fließen, wodurch sauerstoffreiches Blut in die Lunge zurückfließt, anstatt in den Körper zu gelangen. Der VSD ist der häufigste angeborene Herzfehler und macht etwa 30-35% aller angeborenen Herzfehler aus. |
Vorhofseptumdefekt (ASD) |
Der Vorhofseptumdefekt ist ein Loch in der Wand (Septum), die die beiden oberen Herzkammern (Vorhöfe) trennt. Dadurch fließt sauerstoffreiches Blut aus dem linken Vorhof in den rechten Vorhof, was zu einer Überlastung des rechten Herzens und der Lunge führt. ASD macht etwa 5-10% aller angeborenen Herzfehler aus. |
Fallot-Tetralogie |
Die Fallot-Tetralogie ist eine Kombination aus vier verschiedenen Herzfehlern:
Die Fallot-Tetralogie tritt bei etwa 5-7% aller Kinder mit angeborenen Herzfehlern auf. |
Transposition der großen Arterien (TGA) |
Bei der Transposition der großen Arterien sind die beiden Hauptarterien des Herzens vertauscht: Die Aorta entspringt der rechten Herzkammer und die Lungenarterie der linken. Dadurch gelangt sauerstoffarmes Blut in den Körper, während sauerstoffreiches Blut zurück in die Lunge gepumpt wird. Häufigkeit: TGA betrifft etwa 5% der Kinder mit angeborenen Herzfehlern. |
Aortenisthmusstenose (Aortenkoarktation) |
Bei der Aortenisthmusstenose ist die Aorta, das Hauptblutgefäß, das Blut vom Herzen in den Körper transportiert, an einer bestimmten Stelle verengt. Dies führt zu einem erhöhten Blutdruck im oberen Körperbereich und einem verminderten Blutfluss in den unteren Körperbereich. Die Aortenkoarktation macht etwa 5-8% der angeborenen Herzfehler aus. |
Pulmonalstenose |
Bei der Pulmonalstenose ist die Pulmonalklappe verengt, was den Blutfluss von der rechten Herzkammer in die Lunge erschwert. Die rechte Herzkammer muss härter arbeiten, um Blut in die Lunge zu pumpen. Häufigkeit: Pulmonalstenosen machen etwa 8-10% der angeborenen Herzfehler aus. |
Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS) |
Das Hypoplastische Linksherzsyndrom ist eine komplexe Fehlbildung, bei der die linke Herzhälfte (linke Herzkammer, Mitralklappe, Aortenklappe) unterentwickelt ist. Dadurch kann das Herz nicht genug Blut in den Körper pumpen. Häufigkeit: HLHS tritt bei etwa 1 von 5.000 Neugeborenen auf, was etwa 3-5% der angeborenen Herzfehler entspricht. |
Trikuspidalatresie |
Bei der Trikuspidalatresie fehlt die Trikuspidalklappe oder ist nicht funktionsfähig, was den Blutfluss von der rechten Vorhofkammer zur rechten Herzkammer blockiert. Das Herz muss auf abnorme Weise arbeiten, um das Blut in die Lunge zu transportieren. Häufigkeit: Trikuspidalatresie ist eine seltenere Art angeborener Herzfehler und macht etwa 1-3% der Fälle aus. |
Prozentuale Verteilung der häufigsten Herzerkrankungen bei Kindern
Die prozentuale Verteilung der Herzerkrankungen bei Kindern zeigt ein vielfältiges Bild verschiedener Herzfehler, die bereits bei der Geburt auftreten können und unterschiedlich stark das Leben der Betroffenen beeinflussen. Dabei variieren sowohl die Häufigkeit als auch die Schweregrade der einzelnen Erkrankungen, was ein umfassendes Verständnis und gezielte medizinische Betreuung erforderlich macht.
Psychische Belastungen durch Herzerkrankungen bei Kindern – Eine unterschätzte Herausforderung für die ganze Familie
Herzerkrankungen bei Kindern sind nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine enorme psychische Belastung – sowohl für die betroffenen Kinder als auch für ihre Familien. Die Diagnose einer Herzerkrankung löst oft Ängste, Sorgen und Unsicherheit aus und stellt Eltern, Geschwister und das betroffene Kind vor zahlreiche emotionale Herausforderungen. Im Folgenden beleuchten wir die verschiedenen Aspekte der psychischen Belastung, mit denen Familien konfrontiert werden, und geben Einblicke in mögliche Unterstützungsstrategien.
Die psychische Belastung für Kinder mit Herzerkrankungen
Kinder, die mit einer Herzerkrankung leben, erleben häufig eine Vielzahl von psychischen Belastungen, die je nach Schwere der Erkrankung und erforderlichen Behandlungen variieren:
Angst und Unsicherheit
- Medizinische Eingriffe und Krankenhausaufenthalte: Viele Kinder mit Herzerkrankungen müssen wiederholt Operationen, Untersuchungen und Krankenhausaufenthalte durchlaufen. Diese Erfahrungen können Angst auslösen und zu einem Gefühl der Hilflosigkeit führen.
- Trennungsangst: Besonders jüngere Kinder können während längerer Krankenhausaufenthalte Trennungsängste entwickeln, da sie von ihren Eltern und ihrem gewohnten Umfeld getrennt sind.
Einschränkungen im Alltag
- Bewegungseinschränkungen: Kinder mit Herzerkrankungen dürfen oft nicht an allen sportlichen Aktivitäten teilnehmen, was zu Frustration und dem Gefühl des „Andersseins“ führen kann.
- Medizinische Routine: Regelmäßige Medikamenteneinnahme, Arztbesuche und Kontrolluntersuchungen können den Alltag der Kinder belasten und das Gefühl vermitteln, nie „normal“ sein zu können. Alltägliche Begleiter zur Symptomüberwachung sind EKG Geräte und Pulsoxymeter. Denn dadurch kann eine Hypoxie also ein Sauerstoffmangel schnell erkannt und objektiviert werden.
Isolation und soziale Probleme
- Stigmatisierung: Manche Kinder fühlen sich durch ihre Erkrankung ausgegrenzt oder anders, insbesondere wenn sie nicht an Aktivitäten ihrer Altersgenossen teilnehmen können. Dies kann zu einem verminderten Selbstwertgefühl führen.
- Schulische Herausforderungen: Häufige Fehlzeiten aufgrund von Arztterminen oder Krankenhausaufenthalten können dazu führen, dass Kinder schulischen Anschluss verlieren oder sich sozial isoliert fühlen.
Langfristige psychische Auswirkungen
- Depressionen und Angststörungen: Kinder mit chronischen Herzerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens Depressionen oder Angststörungen zu entwickeln. Eine Studie der American Heart Association (AHA) zeigt, dass etwa 30% der Kinder mit angeborenen Herzfehlern im Laufe ihres Lebens psychische Erkrankungen entwickeln.
Die psychische Belastung für Eltern und Familien
Eltern und Familien von herzkranken Kindern erleben ebenfalls erhebliche emotionale Herausforderungen:
Angst und Sorge um das Kind
- Angst vor dem Verlust: Die Sorge, um den Gesundheitszustand des Kindes und den ungewissen Krankheitsverlauf, dass das eigene Kind jederzeit eine, Komplikationen oder den Tod erleiden könnte, ist eine ständige Belastung für Eltern.
- Entscheidungsdruck: Eltern stehen oft vor schwierigen medizinischen Entscheidungen, z.B. ob und wann eine invasive Untersuchung oder gar eine Operation durchgeführt werden soll. Dieser Druck kann zu erheblichen Ängsten führen aber auch an ein zu hohes Maß an Verantwortung für ein anderes Individuum.
Schuldgefühle und Selbstzweifel
- Viele Eltern fühlen sich schuldig oder fragen sich, ob sie etwas hätten anders machen können, um die Erkrankung ihres Kindes zu verhindern. Besonders bei angeborenen Herzfehlern fragen sich Mütter oft, ob sie während der Schwangerschaft „etwas falsch gemacht“ haben.
- Schuldgefühle werden auch dann präsent, wenn bereits Vorerkrankungen bereits familiär bekannt sind und die Vorgeschichte prägen.
Finanzielle und berufliche Belastungen
- Die ständigen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und medizinischen Behandlungen können eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Nicht immer stellen neue diagnostische Verfahren und Therapieansätze eine Kassenleistung dar.
- Der hohe Zeitaufwand führt nicht selten dazu, dass ein oder beide Elternteile ihre berufliche Tätigkeit einschränken oder gar aufgeben müssen.
Auswirkungen auf Geschwister
- Geschwister von herzkranken Kindern fühlen sich oft vernachlässigt, da die Eltern viel Zeit und Energie in die Pflege des erkrankten Kindes investieren. Dies kann zu Eifersucht, Schuldgefühlen oder sozialer Isolation führen.
Bewältigungsstrategien und Unterstützungsmöglichkeiten
Angesichts der emotionalen Herausforderungen, die eine Herzerkrankung mit sich bringt, ist es wichtig, dass sowohl die betroffenen Kinder als auch ihre Familien Unterstützung erhalten. Hier sind einige Möglichkeiten, wie sie die psychische Belastung bewältigen können:
Psychologische Betreuung und Therapie
- Einzeltherapie: Für Kinder kann eine psychologische Begleitung helfen, Ängste zu bewältigen und mit ihrer Erkrankung umzugehen. Speziell ausgebildete Kinderpsychologen können ihnen Strategien vermitteln, um mit ihrer Situation besser zurechtzukommen.
- Familientherapie: Familientherapien bieten die Möglichkeit, offen über Ängste, Sorgen und Herausforderungen zu sprechen und gemeinsam Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Selbsthilfegruppen und Austausch
- Der Austausch mit anderen Familien, die ähnliche Erfahrungen durchleben, kann sehr hilfreich sein. Selbsthilfegruppen bieten einen geschützten Raum, in dem Eltern, Geschwister und Kinder Unterstützung und Verständnis finden.
- In Deutschland bietet beispielsweise die Deutsche Herzstiftung spezielle Selbsthilfegruppen für Eltern von herzkranken Kindern an.
Psychoedukation
- Die Aufklärung über die Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten kann Ängste und Unsicherheiten reduzieren. Viele Kliniken bieten spezielle Schulungen für Eltern und Kinder an, um ein besseres Verständnis für die Erkrankung zu schaffen.
Angebote für Geschwisterkinder
- Es gibt spezielle Angebote und Freizeitprogramme für Geschwister von herzkranken Kindern, damit auch sie im Fokus stehen und Unterstützung erhalten. Diese Programme bieten Geschwistern die Möglichkeit, sich auszutauschen und zu verstehen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind.
Unterstützung durch soziale Dienste und Organisationen
- Organisationen wie die Stiftung KinderHerz oder der Bundesverband Herzkranke Kinder e.V. (BVHK) bieten umfangreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote für Familien mit herzkranken Kindern. Sie helfen bei finanziellen Fragen, bieten Entlastung durch Freizeitangebote und unterstützen bei der Organisation des Alltags.
Langfristige Auswirkungen und die Bedeutung der psychischen Gesundheit
Erste Studien zeigen, dass die psychische Gesundheit von Kindern mit Herzerkrankungen und ihren Familien maßgeblich die Lebensqualität beeinflusst. Kinder, die frühzeitig psychologische Unterstützung erhalten, entwickeln häufig bessere Bewältigungsstrategien und zeigen langfristig eine höhere Lebenszufriedenheit und dementsprechend eine höhere Lebensqualität. Auch Eltern, die sich professionelle Hilfe suchen oder an Selbsthilfegruppen teilnehmen, erleben eine deutliche Entlastung und finden Wege, mit ihrer Situation besser umzugehen.
Es ist daher entscheidend, dass das Thema psychische Belastung nicht ignoriert wird, sondern als wichtiger Teil der ganzheitlichen Betreuung von Kindern mit Herzerkrankungen verstanden wird. Ein gesundes Herz ist nicht nur eine Frage der Medizin – es ist auch eine Frage des seelischen Wohlbefindens.
Die Kraft des Herzens braucht auch seelischen Halt
Die Diagnose einer Herzerkrankung bei einem Kind ist ein Schock, der die gesamte Familie in ihren Grundfesten erschüttert. Doch so wie der Herzmuskel Unterstützung braucht, um weiter zu schlagen, brauchen auch die betroffenen Kinder und ihre Familien seelischen Halt, um diese Herausforderung zu meistern. Mit der richtigen Unterstützung, Liebe und professioneller Hilfe können viele dieser kleinen Kämpfer ein glückliches und erfülltes Leben führen – und ihre Herzen, sowohl körperlich als auch seelisch, wieder stark werden lassen.